Vor mehr als 70 Jahren versuchte der Gynäkologe Carl Clauberg im Auftrag von SS-Reichsführer Heinrich Himmler in Block 10 des Konzentrationslagers in Auschwitz-Birkenau mehrere Hundert Mädchen und Frauen zwangsweise zu sterilisieren. Dadurch sollte die Fortpflanzung von “minderwertigem Leben” verhindert werden. In Zusammenarbeit mit der Schering-Kahlbaum AG hatte Clauberg zuvor Hormonpräparate und Kontrastmittel entwickelt, die dabei zum Einsatz kamen. Was Vielen unbekannt ist: Diese Beobachtungen der Wirkung boten die Grundlagenforschung für die spätere Entwicklung der Antibabypille.
von Lisa Wiese
Als vor über 60 Jahren die Pille (hormonelles Verhütungsmittel zum Schutz vor einer Schwangerschaft) mit dem Namen “Enovid” erstmals auf den US-amerikanischen Markt (zunächst nur für verheiratete Frauen) kam, wurde dies besonders von feministischen Gruppen als neue Freiheit gefeiert. Seither ist sie ein viel diskutiertes Thema. Zum einen bedeutet die Pille für viele Frauen ein, wenn nicht die Möglichkeit, selbstbestimmt über den eigenen Körper und die Nachwuchsplanung zu entscheiden. Aber hinsichtlich der erheblichen Nebenwirkungen auf den weiblichen Körper und die einseitige Verantwortung der Frau für die Verhütung, stellt sich die Frage, wie feministisch die Pille wirklich ist. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt leider auch, dass sie für einige Frauen und Mädchen mit Unterdrückung verbunden ist.
“Es gibt keine Kinder mehr”
Ein Teil der Vorgeschichte zur Entwicklung der Pille spielte im Vernichtungslager Auschwitz. Um genau zu sein in Block 10, dem Trakt, in dem medizinische Versuche an lebenden Menschen durchgeführt wurden. Unter anderem Sterilisationsversuche und hormonelle Methoden zur Empfängnisverhütung.
“Wir wurden mit unserer Nummer aufgerufen, und dann war da Clauberg, der uns etwas in die Vagina spritzte. Und manchmal sagten sie dann: ‘Es gibt keine Kinder mehr’”, so schildert die Auschwitz-Überlebende Leny Adelaar ihr Leiden im Block 10 des Konzentrationslagers.
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