Ellis Saturday-Morning Report Vol. 28
Guten Morgen, liebe News-Crew!
Und auch auf diesem Wege noch ein frohes und gesundes neues Jahr 2024. Ich wünsche euch von Herzen viele unbeschwerte Sonnenstunden und dass es das Jahr gut mit euch meint.
Ich bin so erholt wie lange nicht mehr, voller neuer Ideen und Tatendrang und freue mich so sehr, jetzt endlich wieder zu arbeiten und für euch da zu sein.
Eins ist gewiss: Dieses Jahr wird nicht minder spannend und nachrichtenreich; allein schon wenn man auf die zahlreichen Wahlen schaut, die in 2024 anstehen – aber dazu gleich mehr.
Auch im NEWSiversum geht es weiter rund, es wird noch größer, bunter und besser – und ich freue mich, dass ihr als News-Crew mit an Bord seid.
Auf Instagram bin ich ab kommender Woche wieder für euch da – und auch der WhatsApp-Channel ist aus seinem Winterschlaf erwacht. Abonnieren kannst du ihn hier:
Von Neujahrsträgheit ist auch in der Welt der Nachrichten nichts zu spüren – deshalb Kaffee in die Hand und auf geht’s!
Das war diese Woche wichtig:
1. Superwahljahr 2024: Globale Machtspiele und Trumps Kampf um die Kandidatur
Das Superwahljahr 2024 – ein entscheidendes Jahr für die Demokratie weltweit. Denn in den kommenden 12 Monaten werden mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in über 60 Ländern an die Wahlurnen treten, schätzungsweise rund vier Milliarden Menschen. Ein globaler Moment der politischen Weichenstellung also, der die Zukunft vieler Nationen prägen wird.
In Taiwan steht besonders viel auf dem Spiel: Die Wahl könnte entscheidend dafür sein, ob die Spannungen mit China zu- oder abnehmen. Gleichzeitig versuchen in der Europäischen Union rechtspopulistische Kräfte, bei den Wahlen zum Europäischen Parlament an Einfluss zu gewinnen. Und in den USA deutet vieles darauf hin, dass sich das Duell Donald Trump gegen Joe Biden wiederholen könnte. Wird der greise Demokrat Biden erneut triumphieren, oder kehrt der ganz offen mit diktatorischer Macht liebäugelnde Rechtspopulist Trump nach vier Jahren zurück an die Schalthebel der Macht?
In nur neun Tagen beginnt der offizielle Wahlkampf in den USA. Die Vorwahlen, ein zentraler Bestandteil des amerikanischen Wahlsystems, stehen bevor. Dabei bestimmen die Parteien in den einzelnen Bundesstaaten ihre bevorzugten Kandidaten für das Weiße Haus. Diese Vorwahlen, bekannt als Primaries oder Caucuses, sind ein Indikator dafür, welche Kandidaten die meisten Delegiertenstimmen sammeln können – eine Zahl, die proportional zur Bevölkerung der Bundesstaaten ist. Die offizielle Nominierung der Kandidaten erfolgt dann auf den nationalen Parteikonventen Mitte des Jahres.
Kürzlich sorgten Nachrichten aus Colorado und Maine für Aufsehen: Donald Trump wurde dort von den Vorwahl-Stimmzetteln gestrichen. Der Grund: seine Rolle bei der Kapitol-Erstürmung am 6. Januar 2021. Als damaliger Präsident habe er, nach seiner Abwahl, einen Aufstand angezettelt, indem er behauptete, die Präsidentschaftswahl 2020 sei manipuliert gewesen. Shenna Bellows, Secretary of State von Maine, erklärte, Trump habe seine Anhänger dazu aufgerufen, das Kapitol zu stürmen und die offizielle Bestätigung von Joe Bidens Präsidentschaft zu verhindern. In Colorado fiel diese Entscheidung auf höchster Gerichtsebene.
Beide Bundesstaaten beriefen sich auf den 14. Zusatzartikel der US-Verfassung, der Personen von einem Amt ausschließt, die nach dem Ablegen des Treueeides an einem Aufstand beteiligt waren. Trump hat in beiden Fällen Berufung eingelegt und sich an den Obersten Gerichtshof gewandt, um seine Teilnahme an den baldigen Vorwahlen in Colorado noch rechtlich durchzusetzen.
Bisher hat das Supreme Court keine Stellungnahme zu diesem Gesuch abgegeben. Es wird jedoch erwartet, dass der Fall aufgenommen wird. Wie das Gericht dann entscheiden wird, bleibt natürlich offen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass drei der neun Richter von Trump ernannt wurden. Das Gericht gilt seitdem als mehrheitlich konservativ. Sollte es sich des Falles annehmen, dürfte sich die Entscheidung auf die Auslegung des 14. Verfassungszusatzes konzentrieren.
Eines ist jedoch bereits klar: Trump nutzt diese jüngsten Entwicklungen wieder für sich und seinen Wahlkampf. Er interpretiert sie als weiteren Beweis einer „politischen Hexenjagd“ und behauptet, alles werde unternommen, um seine Wiederwahl zu verhindern. Bei vielen republikanischen Wähler:innen scheint das auf fruchtbaren Boden zu fallen: Im Feld der republikanischen Aspiranten auf die Präsidentschaftskandidaten der Republikaner liegt Donald Trump mit großem Abstand vorne.
2. Fatale Erdbeben – warum manche Länder besser vorbereitet sind
Seit Menschengedenken fürchten wir Erdbeben als verheerende Naturkatastrophen. Nach besonders starken Beben waren in der Vergangenheit mitunter viele Zehntausend Tote zu beklagen. Als etwa am 6. Februar des vergangenen Jahres im Südosten der Türkei und im Norden Syriens die Erde zweimal heftig bebte (mit Magnitude 7,8 bzw 7,5), hatte das besonders fatale Folgen: mehr als 59.000 Tote wurden in beiden Ländern in den Wochen nach dem Desaster aus den Trümmern eingestürzter Häuser geborgen, insgesamt rund 125.000 Verletzte registriert. Doch die Zahl der Opfer ist keine Frage des Schicksals – es gibt Länder, die vormachen, wie wirksamer Schutz vor den Folgen von Erdbeben funktionieren kann. Japan gilt hier als beispielhaft – schließlich trifft jedes fünfte Beben weltweit den Inselstaat im Pazifik.
Am Neujahrstag hatten eine Reihe von Beben Japan erschüttert, eines davon mit Magnitude 7,6. An der Westküste gab es mindestens 80 Tote, 200 Menschen gelten als vermisst. In der am schwersten betroffenen Präfektur sind laut den örtlichen Behörden die Strom- und/oder Wasserversorgung für Zehntausende Haushalte unterbrochen, 30.000 Menschen mussten in Notunterkünften ausharren. Natürlich war auch das jüngste Beben eine für alle Betroffenen furchtbare Katastrophe. Doch im Vergleich mit anderen Erdbebenregionen sind die Opferzahlen in Japan oft auffällig niedriger. Eine Ausnahme bildet das furchtbare Beben der Stärke 9 im März 2011. Es hatte einen gewaltigen Tsunami ausgelöst, der mehr als 20.000 Menschen in den Tod gerissen und einen Super-GAU in einem Atomkraftwerk verursacht hatte. Mit Blick auf die Häufigkeit schwerer Erdbeben in Japan sinken die Opferzahlen jedoch im Vergleich zum vergangenen Jahrhundert deutlich.
Das liegt vor allem daran, dass Japans Bauingenieure in den vergangenen Jahrzehnten Verfahren entwickelt haben, die moderne Wohn- und Bürogebäude deutlich erdbebensicherer machen. Für die Konstruktion wird deutlich mehr stabilisierender, aber flexibler Stahl und Stahlbeton verbaut. In Holzhäusern sind inzwischen dickere Balken Vorschrift. Moderne Gebäude bestehen heutzutage meist aus einem Stahlrahmen, der an den Ecken stossgedämpfte flexible Gelenke hat. Die Räume sind darin aufgehängt und können im Falle eines Erdbebens schwingen, ohne kaputt zu gehen. Das Prinzip der “seismischen -isolation” macht inzwischen selbst Wolkenkratzer in Tokio zu relativ bebensicheren Orten.
Japan hatte als führende Industrienation allerdings auch die Mittel, massiv in Erdbebenforschung und die Entwicklung neuer Bautechnologie zu investieren. Etliche japanische Städte beraten Bauherren und bieten Steuererleichterungen für bebensicheres Bauen. Nicht zuletzt kontrollieren Behörden die Einhaltung der Bauvorschriften ziemlich rigoros – und verhängen bei Verstössen empfindliche Strafen.
Ein entscheidender Unterschied zur Türkei, wo beim verheerenden Beben im vergangenen Jahr auch deshalb so viele Wohngebäude wie Kartenhäuser eingestürzt waren, weil skrupellose Bauherren und Bauunternehmer am Material gespart oder gepfuscht hatten. Auch sollen die Behörden bei Baugenehmigungen oft alle Augen zugedrückt haben, massive Korruption soll hier an der Tagesordnung gewesen sein. Zehntausende dürfte die landesübliche Billigbauweise das Leben gekostet haben. Die Aufarbeitung dieses buchstäblich hausgemachten Teils der Erdbebenkatastrophe hat gerade erst begonnen. Wütende Hinterbliebene der Opfer fordern vielerorts, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. In der Stadt Adiyaman müssen sich elf Angeklagte vor einem Gericht für den Einsturz eines Hotels und den Tod von 72 Menschen verantworten. Für die Türkei ist die Aufarbeitung schmerzhaft, birgt aber die Chance, aus einer Erdbebenkatastrophe zu lernen – wie Japan.
3. Massive russische Luftangriffe auf die Ukraine
“In den vergangenen fünf Tagen hat Russland 300 Raketen und über 200 Shahed-Drohnen gegen die Ukraine gefeuert”, schrieb der ukrainische Präsident Selenskyj am Dienstagabend auf X (ehemals Twitter). Die ukrainische Hauptstadt Kiew sei am Dienstagmorgen Ziel schwerer russischer Raketenangriffe geworden. Selenskyj sprach von mindestens vier Toten und 92 Verletzten. In mehreren Stadtteilen gebe es Stromausfälle, schrieb Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram. Es seien Anlagen der zivilen Infrastruktur getroffen worden, eine Gasleitung sei beschädigt sowie Probleme mit der Wasserversorgung verursacht worden. Laut dem staatlichen Energieversorger Ukrenergo wurde das Stromnetz schwer beschädigt. Mehr als 250.000 Menschen in der Region Kiew seien ohne Strom.
Das Militär in Kiew bezeichnete den jüngsten Luftangriff auf die Ukraine als den größten seit Beginn des Krieges. Angesichts der zahlreichen zivilen Opfer bezeichnete das ukrainische Außenministerium die aktuellen Ereignisse als »Genozid« und rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, angemessen zu reagieren.
Auch die ostukrainische Stadt Charkiw ist am Wochenende Ziel eines Drohnenangriffs geworden. Bei dem Raketenangriff wurde ein Team des deutschen Fernsehsenders ZDF verletzt. Die sieben Mitarbeiter: innen befanden sich zum Zeitpunkt des Beschusses im Kharkiv Palace-Hotel. Dieses wird aufgrund seines Bunkers gerade vorwiegend von Journalist: innen genutzt. Eine ukrainische Übersetzerin sei von Trümmerteilen getroffen und schwer verletzt worden, ebenso ein Sicherheitsmann. „Dies ist ein weiterer Angriff Russlands auf die freie Presse“, sagte ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten.
Russland beabsichtigt offenbar auch in diesem Jahr, die ukrainische Bevölkerung durch den Entzug von Strom und Heizung im Winter zu terrorisieren. Trotz der umfassenden Luftangriffe zeigt sich die Ukraine jedoch weder moralisch noch militärisch nennenswert eingeschüchtert.
Trotzdem ist die Ukraine jetzt mehr denn je auf weitere Unterstützung des Westens angewiesen. Die USA war für die Ukraine bisher der wichtigste Geldgeber und Lieferant von Waffen. Doch John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, sagte in einer Pressekonferenz, das vorhandene Geld für die Ukraine sei ausgegangen und es gebe auch "keinen magischen Topf, in den man greifen könnte, um die Ukraine zu unterstützen”. Die vorerst letzten Waffen seien unterwegs und würden "in den nächsten Tagen und Wochen" ankommen. Hintergrund ist der in Sachen Ukraine-Unterstützung zerstrittene Kongress, der weitere Waffenlieferungen blockiert.
Auch Deutschland war seit Kriegsbeginn ein wichtiger Geldgeber und Lieferant von Waffen für die Ukraine. Die Ukraine ist Hauptempfänger deutscher Rüstungsexporte, im Jahr 2023 erhielt sie deutsche Rüstungsgüter im Wert von 4,4 Milliarden Euro. Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt verurteilte die aktuellen Angriffe. Die Grünen-Politikerin sprach auf X von neuen „russischen Kriegsverbrechen“ und forderte, Russlands Präsidenten Putin zur Verantwortung zu ziehen. Auf mehr Waffenlieferungen drängte unterdessen CSU-Europapolitiker Manfred Weber. "Weitere Unterstützung wie die Lieferung deutscher 'Taurus'-Raketen ist überfällig", sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch Außenpolitiker von Grünen, FDP und Union drängen auf die Lieferung. Zudem wird eine rasche Instandhaltung der an die Ukraine gelieferten "Leopard"-Panzer gefordert. So sagte Grünen-Politiker Anton Hofreiter der "Augsburger Allgemeinen": "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich darum kümmert, dass die Versorgung mit Ersatzteilen deutlich besser wird."
Revolution im Regal? Kaliforniens Kampf gegen Geschlechterklischees
Alle meine drei Kinder wurden in den USA geboren, und es gab da etwas, das mich schon von Anfang an störte. Noch als mein Baby im Bauch war, spekulierten Fremde – die Kassiererin oder die Arzthelferin – über dessen Geschlecht. „Oh, der Bauch liegt tief, es wird ein Mädchen sein.“ „Der Bauch ist spitz, es wird ein Junge.“ Und sobald das Geschlecht feststand, schien auch klar, welche Farbe passen würde. Zur Geburt unserer Tochter erhielten wir rosa Strampler, glitzernde Haarbänder für Babys Kopf – und für unseren Sohn natürlich dunkelblaue Spucktücher und Dino-Shirts. „A princess “ oder „a handsome little man“ waren gängige Ausrufe beim Blick in den Kinderwagen.
Ich weiß, auch hier in Deutschland halten sich Geschlechterklischees hartnäckig, aber in den USA sind sie noch extremer. Man muss nur einmal in die Spielzeugabteilung von Walmart oder Target gehen. Dort findet man auf der einen Seite pinken, lilafarbenen, glitzernden Prinzessinnenkram und auf der anderen grüne, orange, blaue Dino-Abenteuer.
Doch damit ist jetzt Schluss, zumindest in Kalifornien – und zumindest in bestimmten Einzelhandelsgeschäften. Dort müssen seit dem 1. Januar Geschäfte mit 500 oder mehr Beschäftigten Spielzeug und Kinderpflegeprodukte in einer geschlechtsneutralen Abteilung anbieten.
Wenn man bedenkt, dass Walmart, der größte Einzelhändler in den USA, allein in Kalifornien knapp 300 Filialen hat, ist das ein beachtlicher Anfang.
Die Inspiration für die neue Regelung kam von einem 8-jährigen Mädchen. „Warum sollte mir ein Geschäft vorschreiben, was ein Mädchenshirt oder -spielzeug ist?“, soll sie den Abgeordneten Evan Low gefragt haben. Diese Frage brachte Low zum Nachdenken: „Dieser Gesetzentwurf wird Kindern helfen, sich frei und unvoreingenommen auszudrücken. Wir müssen Kinder einfach Kinder sein lassen“, sagte er dem TV-Sender CNN.
Raus aus dem Schubladendenken und andere, insbesondere Kinder, freier entfalten lassen – das ist doch ein guter Vorsatz für 2024, oder? Deshalb ist das neue Gesetz in Kalifornien meine „Good News“ der Woche.
So – ich würde sagen – we’re back in the game, oder? Viele von euch haben jetzt die erste richtige Arbeitswoche vor sich. Deshalb wünsche ich euch dafür jetzt eine formidablen Start und freue mich schon auf nächsten Samstag, wenn wir uns hier wieder lesen.
Herzlichst aus Hamburg,
Elisabeth