Maria Kolesnikowa, Witali Schischow und Kristina Timanowskaja – die drei oppositionellen Belaruss:innen dominieren in den letzten Tagen die internationale Presse. Gegen Kolesnikowa startete gestern ein Prozess in Minsk – man kann ihn als politischen Schauprozess einstufen. Die Oppositionelle war vergangenes Jahr in Minsk festgenommen worden, als sie sich ihrer Abschiebung in die Ukraine widersetzte. Schischow wurde diese Woche erhängt in einem Park von Kiew unweit seines Wohnortes gefunden. Sein Tod wird untersucht, die Polizei nahm Mordermittlungen auf – ein von Lukaschenkos Geheimdienstschergen als Selbstmord verschleierter Auftragsmord wird nicht ausgeschlossen. Olympionikin Timanowskaja sollte nach eigenen Angaben aus Tokio entführt werden, nachdem sie belarussische Sportfunktionäre kritisiert hatte. In Polen bekam sie jetzt Asyl.
Drei Fälle – ein Hintergrund: Belarus geht brutal gegen Regierungskritiker vor, Repression ist Alltag – vor allem nach der Wahl im Sommer 2020.
Danach kam es zu historischen Massenprotesten im Land, nachdem sich Lukaschenko trotz Vorwürfen der Wahlfälschung zum Sieger erklärt hatte. Protestiert wird noch immer; und immer noch werden Demonstrationen gegen den Diktator brutal niedergeschlagen. Viele Belarussen fliehen in benachbarte Länder, um dem Regime zu entkommen.
Seit der Präsidentschaftswahl hat die EU verschiedenste Sanktionen gegen Belarus erlassen, darunter Einreisevebote, eingefrorene Konten und Auslandsvermögen. Nach der Verhaftung eines oppositionellen Bloggers Roman Protassewitsch durch eine erzwungene Flugzeuglandung. Im Mai kamen weitere Sanktionen hinzu – und die gehen für EU-Maßstäbe äußerst weit, weil sie u.a. ganze Wirtschaftszweige sanktionieren, so etwa die Öl- und Tabakbranche. Die EU verbietet europäischen Firmen beispielsweise, raffinierte Öl-Produkte zu importieren und erschwert belarussischen Banken den Zugang zum EU-Kapitalmarkt.
Wie hart treffen die Sanktionen die Regierung? Der Druck auf Lukaschenko wächst in jedem Fall; der Export raffinierter Öl-Produkte gehört zu den Haupteinnahmequellen des Landes. Und auch auf deutsche Unternehmen: Siemens Energy hält bislang zum Beispiel an seinen Lieferungen von Gasturbinen in die Diktatur fest, steht deshalb in der Kritik. Fest steht auch: Die EU-Sanktionen steigern vor allem die Abhängigkeit des Lukaschenko-Regimes von Russland. Der Kreml unterstützt Belarus mit hohen Darlehen und seit den Sanktionen mit Notkrediten.