E-Fiaker statt Pferdekutschen in Brüssel
Als ich vor zwei Wochen in Wien war, prägten sie natürlich auch das historische Stadtbild: die vielen Kutschen, die von zwei Pferden durch die Stadt gezogen wurden. Eine wahre Touristenattraktion – und für manche Besucher:innen ein Traum: Einmal wie Kaiserin Sissi durch die Wiener Altstadt fahren.
Ich oute mich mal als Kutschen-Boykotteurin … mir taten die Tiere schon immer leid, doch ein Bild geht mir nicht mehr aus dem Kopf: Im August 2022 ging ein Video viral, das ein erschöpftes Kutschpferd zeigt, das auf einer Straße in NYC liegt. Es dauerte 45 lange Minuten, bis das Tier, auch dank einer Abkühlung durch einen Wasserschlauch, wieder aufstehen konnte.
Deshalb haben mich die News aus Brüssel diese Woche sehr gefreut:
Dort können Sightseeing-Touren in der belgischen Hauptstadt jetzt auch mit Elektrokutschen unternommen werden. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h und einer Reichweite von 120 Kilometern ist es nun erstmals möglich, auch weiter entfernte Sehenswürdigkeiten außerhalb des Stadtkerns zu besuchen.
Die Initiative Well Done Company gab den Anstoß zu dieser Veränderung im Rahmen der jüngsten Debatten über das Wohl von Pferden. Ihre Vertreter:innen, darunter Thibault Danthine, hatten zuvor selbst Pferdekutschenbetriebe und entschieden sich jedoch, umzusteigen.
Danthine, der sein Pferdekutschengeschäft vor über einem Jahrzehnt in Brüssel gegründet hatte, stellte in den letzten Jahren zunehmend fest, dass es immer schwieriger wurde, ein Geschäft mit Tieren zu betreiben. „Immer mehr Leuten tut es weh, die kommerzielle Nutzung von Tieren zu sehen“, sagte Danthine im Ö1-Morgenjournal und fügte hinzu, dass er dafür Verständnis habe. Auch er habe in den Sommermonaten wegen der großen Hitze zum Schutz seiner Pferde immer häufiger Touren absagen müssen.
Zusammen mit den örtlichen Behörden suchte Danthine nach einer umwelt- und tierfreundlichen Alternative zur traditionellen Pferdekutsche. Gemeinsam entwickelten sie die Elektrokutsche – die Stadt stimmte der pferdefreien Alternative im Jahr 2023 zu: „Die Idee war, etwas Neues und Außergewöhnliches in Brüssel zu schaffen, das die Stadt an die Spitze bringt“, erklärte der Lokalpolitiker Fabian Maingain gegenüber Bloomberg.
Auch in Salzburg wurde die Alternative für die „Tradition“ des Fiakers diskutiert, jedoch nicht weiter intensiviert: „Diese Diskussion gab es vor einigen Jahren. Die Stadtpolitik hat damals aber einhellig die Meinung vertreten, dass es nicht zum Stadtbild passt und es kein gleichwertiger Ersatz für Pferdekutschen ist. Seither ist darüber nicht mehr diskutiert worden“, heißt es aus dem Büro von Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ). Weiter wird argumentiert: „Wir sehen außerdem zum Beispiel bei Hochzeiten im Schloss Mirabell, dass es für viele eine liebgewonnene und nach wie vor wichtige Tradition ist. Und das gilt nicht nur für Touristen oder Stadt-Salzburger, sondern auch für die Menschen aus den Bezirken oder dem Umland.“
In den „traditionellen Fiaker-Städten“ wie Wien müssen Pferde bei Wind und Wetter in der Stadt die Tourist:innen hinter sich herziehen. Tierschützer:innen prangern schon seit Jahrzehnten diese Praxis an. In Städten wie Barcelona oder Prag wurden bereits aus Sorge vor dem Wohl der Tiere die Pferdekutschen stark eingeschränkt oder komplett verboten. Mit den neuen E-Fiakern nimmt Brüssel eine Vorreiterrolle ein – und: sie sind 365 Tage im Jahr einsatzbereit und sparen den Betreiber:innen auf lange Sicht Geld und Zeit. Der größte Gewinn kommt aber natürlich den Pferden zugute!